Agile Transformation - eine ganzheitliche Herausforderung für Unternehmen
In der klassischen Aufbauorganisation werden Änderungsprozesse meist top-down in den Strukturen vorgenommen. Agilität erfordert hier jedoch einen dualen Ansatz, der nicht nur in die Strukturen, sondern vor allem auch in die Führung und die Mitarbeiterentwicklung eingreift. Das TRAFO-Modell (nach Prof. Dr. Fischer) definiert hier sechs wesentliche Dimensionen:
- Prozesse: Die Prozesse im Unternehmen müssen sich weg vom Selbstzweck hin zu mehr Kunden- und Bedürfnisorientierung wandeln.
- Organisationsstrukturen: Netzwerke werden etabliert, Pyramiden-Organisationen mit vielen Hierarchiestufen lösen sich zunehmend auf.
- Strategien: Auch hier rückt der Kunde in den Fokus. Weg von kurzfristiger Maximierung des Gewinns, hin zu nachhaltiger Kundenzufriedenheit und -bindung.
- Führung: In der Führung muss ein Umdenken stattfinden. Führungskräfte wandeln sich vom Befehlsgeber zum Dienstleister.
- HR-Instrumente: Weg von klassischer Zieldefinition und Karriereplänen, hin zur Befähigung, in Teams zu arbeiten und Verantwortung zu übernehmen.
- Kultur: Die agile Unternehmenskultur ist geprägt von Vertrauen, Erfolg wird in Form von Wertschätzung ausbezahlt und nicht länger in Beförderungen.
Nur wenn alle Dimensionen berücksichtigt werden, kann eine Transformation im Unternehmen nachhaltig gelingen.
Erfolgsfaktoren agiler Prozesstransformation
Zu Beginn eines jeden Prozesses steht die Planung. Agile Transformationen sind ein steter Wandel. Um diesen greifbarer zu machen, definiert Prof. Dr. Fischer sechs kritische Erfolgsfaktoren:
- Sich der Notwendigkeit bewusst sein: Agilität ist keine Modekrankheit, sondern zunehmend notwendig, um im Markt bestehen zu können. Unternehmen sollten definieren, aus welchen Gründen sie einen Wandel in Ihrer Organisation einleiten wollen.
- Ein kulturelles Zielbild festlegen: Leitbild und Kultur spielen eine tragende Rolle. Es muss klar sein, wie das Selbstverständnis der Organisation gestaltet wird und in welche Richtung es sich entwickelt.
- Teams definieren: Agiler Wandel beginnt im Team. Dafür müssen bei einzelnen cross-funktionalen Teammitgliedern Kapazitäten geschaffen werden.
- Klare Rahmenbedingungen schaffen: Die agilen Piloten benötigen Leitplanken, innerhalb derer sie sich entwickeln können und dürfen. So wird Vertrauen geschaffen.
- Umsetzen: Neben der Teamaufgabe müssen hier alle sechs Dimensionen der Agilität beachtet und begleitend eingesetzt werden.
- Kultur verbreiten und transformieren: Die Piloten sollten ihre Erfahrungen mit allen Kollegen im Unternehmen im geeigneten Rahmen teilen können. Dies soll möglichst früh beginnen. So wird sichergestellt, dass sich der agile Geist schnell in der Organisation verbreitet.
Vor diesem Hintergrund wird klar, dass Unternehmen die Einleitung einer Transformation zu mehr Agilität immer ganzheitlich planen und umsetzen müssen, wenn Sie damit Erfolg haben wollen.
Alles kann, nichts muss - Ambidextrie
Erfolgreiche Transformationsprozesse, die nicht nur in die Aufbauorganisation, sondern auch in die Kultur und das Selbstverständnis der Mitarbeiter eingreifen, benötigen Zeit. Unternehmen sollten daher behutsam mit dem Agilitätsprozess umgehen. Oft ist es nicht notwendig, ad hoc das gesamte Unternehmen umzustellen. Der Ansatz der Ambidextrie sieht beispielsweise vor, agile Elemente, Methoden und Prinzipien in klassische Managementsysteme und Organisationen zu integrieren. So arbeiten einige Sparten des Unternehmens weiter nach dem herkömmlichen, unternehmenstypischen Hierarchie-Prinzip. Abteilungen oder fallweise Projektteams, die mit schnell wechselnden Anforderungen von Seiten der Kunden und kurzen Innovationszyklen konfrontiert sind, führen agile Teams und Techniken (z.B. SCRUM) ein. Auf diese Weise kann agiles Arbeiten in einer klassischen Organisationsstruktur getestet und - je nach Notwendigkeit - Schritt für Schritt und damit kontrolliert in weitere Unternehmensbereiche ausgerollt werden.
Führungskräfte als zentraler Schlüsselfaktor für eine gelungene Transformation
Bei agilen Projekten und ersten Bestrebungen in diese Richtung, reicht es keinesfalls aus, die Strukturen im Unternehmen top-down zu verändern. Vor allem ein Wandel im Führungsverständnis ist hierbei notwendig. Agile Unternehmen fordern von Mitarbeitern eine selbständigere, flexiblere Arbeitsweise, die durch Vertrauen und Motivation gefördert werden muss. Gleichzeitig sind Führungskräfte gefragt, ihren Status als Befehlsgeber und Aufsichtsperson (am einen Ende der Skala) hin zur Vertrauensperson und zum Projektkoordinator (am anderen Ende der Skala) aufzugeben. Dies erfordert Zeit, Bereitschaft zum Wandel und nicht zuletzt Mut, der durch eine Kultur des Vertrauens wachsen muss. Eine umfassende Schulung bestehender Führungskräfte und eine zielgerichtete Auswahl neuer Kandidaten spielen hierbei eine tragende Rolle.